Randall Thrasher 50 Test – mächtiges Metal-Monster
Wenn einige deiner Lieblingsgitarristen alle Verstärker der gleichen Marke spielen, dann sollte man sich unbedingt einmal anschauen. Scott Ian, Nuno Bettencourt, Dimebag Darrell, Kirk Hammett… sie alle haben auf Randall-Verstärker gesetzt für einen druckvollen charakteristischen Sound. Als Randall die neuen von Mike Fortin konzipierten Verstärker vorstellte, war vor allem der Randall Thrasher mit 50 Watt sehr interessant für mich. Aber womit hat mich der kleine Metal-Bolide überzeugt? Schauen wir mal…
Ein Kollege spielt seit Ewigkeiten Randall MTS-Topteile und schwört auf die vielseitigen Sounds. Kein Wunder: Bei dem Modulsystem, das damals noch Bruce Egnater für Randall entwickelte, ist für jeden Geschmack etwas dabei. Als ich seine Verstärker probegespielt habe, fand ich den Lüfter nicht so prickelnd. Natürlich hört man so einen Lüfter im Livebetrieb sowieso nicht, aber ein bißchen hat mich das abgeturnt und voreingenommen. Zu Unrecht, wie sich jetzt herausstellte.
Auf der Suche nach einen schmalen Vollröhren-Topteil, das auf meine vertikale 2×12″ Lautsprecherbox passt, bin ich dann auf das Randall Thrasher 50 Watt Topteil gestoßen, dass zur Markteinführung im lokalen Musikgeschäft ausgestellt war. Zuerst skeptisch war ich nach ca. 30 Sekunden überzeugt, dass ich diesen Amp haben MUSS! Was da aus der Box geflogen kam, war unglaublich. Unglaublich fett mit Gain zum Abwinken, tight und mit Druck, der die Hosenbeine auch in Zimmerlautstärke zum Flattern bringt. Amp-Designer Mike Fortin hat den Thrasher 50 mit viel Geschmack klanglich abgestimmt. Allein die großzügig dimensionierten Trafos und das Konzept des Lead-Channels zeigen, dass jemand mit viel Erfahrung im Bau von Verstärkern am Werk war. Aber dazu gleich mehr.
EINFACHE VOLLBEDIENUNG
Die Bedienung und Eigenschaften des zweikanaligen Topteils sind übersichtlich und logisch, jedoch mit einigen ausgefuchsten Details, die den Baby-Randall von anderen Amps deutlich absetzt. Nach dem Motto „First things first“ beginnt die Frontplatte links nebem dem Klinkeneingang mit dem verzerrten Kanal. Mike Fortin setzt hier auf auf 3 (!) Regler zum Einstellen der Verzerrung. Das wirkt erst einmal übertrieben und kompliziert, ist es aber keineswegs. LFGAIN stellt speziell die Verzerrung tiefer Frequenzen ein (nützlich für Downtunings). HFGAIN wiederum regelt die Verzerrungsintensität in den hohen Frequenzen (für authentische Sounds älteren Kalibers). Und mit GAIN regelt man das ingesamte Verzerrungslevel. So kann damit die Gain-Intensität und den Charakter derart präzise einstellen, dass der Amp von Classic Rock über Old School Thrash bis Nu Metal und Djent alles authentisch wiedergibt. Definitiv das Gegenteil eines one trick pony! Mit dem kleinen dreistufigen T.S.S. Kippschalter legt man das Einsatzspektrum des 3-bandigen Equalizers fest und gibt damit schon mal die Richtung vor, von warmem Vintage bis mittenarme V-Vollbedienung.
In der Mitte der Frontblende befindet sich ein kleiner Boost-Kippschalter, der dem Lead-Kanal zu noch mehr (!) Gain verhilft und den Clean-Kanal lautstärkemäßig ordentlich anpustet. Der Clean-Kanal ist sehr sehr sauber und auch durch leistungsstarke Humbucker mit hoher Ausgangsleistung nicht aus der Ruhe bzw. zum Zerren zu bewegen. Weiter rechts folgen noch „Depth“ und „Presence“ zur gezielten Anpassung tiefer und hoher Frequenzen in der Endstufe und der Master Volume-Regler. Die Faustregel lautet hier: Bei niedriger Lautstärke kann man hier dem Klang eine Schippe Druck und Transparenz zugeben, die der Amp auf der Bühne bei Arbeitslautstärke sowieso hätte.
AUCH EIN SCHÖNER RÜCKEN KANN ENTZÜCKEN
Auf der Rückseite gibt es zwei Anschlüsse für Fußschalter. Ein Exemplar für Channel und Boost liegt dem Amp bei, aber auch der Effektweg ist komplett per optionalem Fußschalter ein und ausschaltbar. Er kann seriell oder parallel mit eigenem Level-Regler benutzt werden. Ein XLR-Ausgang mit Lautsprecher-Emulation bietet sich für schnelles Recording an oder um direkt in ein Mischpult zu spielen. Daneben befindet sich ein Klinkenausgang ohne entsprechende Lautsprecher-Emulation, um z. B. eine zusätzliche Endstufe anzusteuern.
Interessant ist auch die externe Bias-Buchse, um den Arbeitspunkt der Endstufenröhren nach einem Wechsel korrekt einzustellen. Das kann man nämlich hierüber bequem erledigen, ohne den Verstärker extra aufschrauben zu müssen. Hier hat Randall kundenfreundlich mitgedacht!
Das ganze Gehäuse zeigt schon von der Optik her, wo die Reise hingeht: Rock und Metal. Kein Tolex sondern ein mit robustem schwarzen Strukturlack versehendes Gehäuse mit dicken Metallrippen auf der Front und Eckenschonern im Carbon-Look machen klar, dass das hier kein gemütlicher Vintage Opa-Amp steht, sondern eine professionelle Metal-Maschine, die live von der Leine gelassen werden will!
INDIVIDUALITÄT
Im Metal-Genre sieht man immer wieder die gleichen Amps: Mesa Boogie Rectifier, Peavey oder EVH 5150 und Engl. Einen Preis für besondere Eigenständigkeit gewinnt man damit natürlich nicht. Zu Unrecht ist der Randall Thrasher 50 in Deutschland nicht so bekannt oder verbreitet. Umso erstaunter die Blicke, wenn ein Randall auf der Bühne steht und dann noch so überzeugend klingt. Wenn man den Thrasher 50 einschaltet und die ersten Töne spielt, ist klar: Der macht keine Gefangenen. Dieser Amp will nach vorne und zwar richtig. Dabei hat er erstaunliche Reserven sowohl von der Verzerrung her, als von der Klangregelung um im Duell mit anderen Amps locker die Oberhand zu behahlten.
LEISE RIESELT DER GAIN
Das Nebengeräuschverhalten ist vorbildlich (abgesehen von den letzten 5% Regelweg des HFGAIN-Potis). So viel Verzerrung bei so wenig Noise! Der cleane Kanal ersetzt locker einen Roland JC120 in Chorus-getränkten Intros. Ja, sogar Funk kann man damit spielen, denn er bleibt einfach in nahezu jeder Einstellung extrem sauber. Erst sehr spät und laut kommt eine knurrende Verzerrung dazu, die ich aber mit keiner meiner Gitarren richtig brauchen konnte. Eher nimmt man den Lead-Kanal für crunchigen Rhythmus und legt mit dem zuschaltbaren Boost eine Schippe Gain fürs Solo drauf.
Der Effektweg ist im besten Sinne unauffällig und verrichtet klaglos mit analogen Bodentretern und digitalen Effekten seinen Dienst. Da der Amp keinen Lüfter hat und auch bei Zimmerlautstärke gut klingt, kann man ihn sogar als Schlafzimmer-Amp empfehlen. Auch wenn es schade wäre ihn dort zu unterfordern, denn der Thrasher 50 ist das perfekte kompakte Metal-Top für viel reisende Kapellen mit wenig Platz beim Transport.
FAZIT
Ob Anthrax oder Metallica Thrash, ob Extreme Hardrock oder der druckvoll aggressive Sound von Pantera – mit dem Randall Thrasher hat man ein gewaltiges Sound-Aggregat, das immer authentisch klingt. Der Thrasher 50 schiebt mit seinem straffem Klang einfach alles aus dem Weg. Dabei bleibt er sehr ehrlich und beschönigt keine Spielfehler. Die vielen durchdachten Extras wie flexibel einstellbare Verzerrung oder externer Bias-Messpunkt beweisen die ausgereifte Konstruktion. Ein Verstärker für Profis!