Seymour Duncan Vise Grip Compressor – Grenzgänger Kompressor
Cleane Gitarren brauchen manchmal einen Kompressor, damit sie sich besser im Mix durchsetzen. Aber auch verzerrte Sounds profitieren von einem längeren Sustain. Seymour Duncan bietet mit dem Vise Grip ein äußerst vielseitiges Pedal, dessen Stärken ich erst auf den zweiten Blick entdeckte.
ERSTER EINDRUCK
Das Pedal ist relativ groß und vertrauenserweckend schwer. Die geschraubten weißen Potis heben sich kontrastreich vom elegant dunkelblauen Gehäuse ab. Die Beschriftung ist übersichtlich und bestens lesbar. Das Pedal wirkt sehr robust und ich hätte keine Zweifel, es live einzusetzen. Ein- und Ausgang sowie die Buchse für die Stromversorgung befinden sich auf der Kopfseite, wodurch sich das Vise Grip platzsparend auf jedes Pedalboard einfügt. Auf der Unterseite gibt ein Klappdeckel das Fach für den 9V-Block frei.
Ein erstes Anspielen hinterlässt bei mir einen leicht zwiespältigen Eindruck. Irgendwie ganz schön viel Dampf für einen Kompressor.
BEDIENUNG
Sie sind gerade schwer in Mode: Blend-Potis bei Kompressoren, mit denen man das Original-Signal und den komprimierten Klang stufenlos mischen kann. Dabei lässt sich mit dem kleinen Kippschalter einstellen, welche Frequenzen des Original-Signals zugemischt werden sollen: Mid (Mitten), Full (alle Frequenzbereiche) oder High (nur die Höhen). „Volume“ regelt die Lautstärke des Pedals und hat enorme Reserven bis zum Boost. Mit „Attack“ stellt man die Geschwindigkeit ein, mit der das Pedal auf das Eingangssignal reagiert. Manche mögen ihren Compressor gemütlich behäbig (z. B. für Solos) und manche bevorzugen knackig schnell. Letzteres bietet sich vor allem für rhythmischen Funk- und Country-Sounds an. „Sustain“ schließlich regelt die Ausklangzeit.
DER KLANG
Ich habe das Vise Grip Kompressor-Pedal mittlerweile mit verschiedenen Gitarren, Verstärkern und Einstellungen getestet und dabei festgestellt, dass es vor allem sehr weite Regelbereiche hat. Während andere Pedale einen relativ eng umfassten „Sweet Spot“ haben, in dem sie am besten klingen, bietet das Vise Grip noch weit darüber hinausgehende Einstellungen. Das hat den Vorteil, dass man diesen Kompressor wirklich an jede Klangvorstellung und jedes Equipment bestens anpassen kann. Mehr Höhenfrische? Bitte sehr. Mehr Bass? Kein Problem. Boost und Sustain fürs Solo? Selbstverständlich. Man muss eben nur aufpassen, dass man es nicht übertreibt. Aber auch das hört man dann mit frischen Ohren am nächsten Tag 😉
Ansonsten überzeugt das Vise Grip durch einen druckvollen Twang ohne Nebengeräusche. Tatsächlich spielt es durch diese Signaltreue in der Oberliga mit Größen wie dem Diamond Compressor Jr. oder dem Keeley Compressor Plus mit. Auch sonst kann einem lediglich das Quentchen persönlicher Geschmack als Wegweiser durch die Angebotsvielfalt an Compressor-Pedalen dienen. Das Vise Grip von Seymour Duncan ist ein vielseitiger Begleiter, der einem sowohl funky Single Note-Lines anfettet als auch Obertöne aus Distortion-Sounds kitzelt, die vorher etwas untergegangen sind. Er frischt im besten Sinne das Signal auf, macht es präsenter und tragfähiger.
FAZIT
Der Seymour Duncan Vise Grip ist ein nebengeräuscharmer VCA-Kompressor, der mit allen Wassern gewaschen ist. Seine vielseitigen Einstellungsmöglichkeiten bieten einem alles, was man von einem Kompressor erwartet. Wenn man nicht aufpasst, rutscht man beim Experimentieren allerdings auch mal etwas aus dem gewünschten Wohlfühlbereich. Mit seinem hochwertigen Klang ist das Vise Grip eine Empfehlung für jedes Pedalboard.